Wer braucht schon ein Reihenhaus, wenn man gleich ein ganzes Fährschiff haben kann? Genau das dachte sich Werner – auch wenn es anfangs gar nicht so geplant war. Heute wohnt er auf der „Stadersand“, einem alten Fährschiff, das er vor rund 30 Jahren zum Hausboot umgebaut hat. Im Hafen von Hamburg-Harburg hat das stolze Wohnschiff nun seinen festen Liegeplatz gefunden.
Die „Stadersand“ ist eine echte Hamburger Legende. Gebaut wurde sie 1955 – damals war sie eine von etwa 15 Hafenfähren, die das Stadtbild prägten. Heute ist sie eine der letzten ihrer Art: Ein Schwesterschiff steht als Museumsschiff, und Werners „Stadersand“ lebt weiter – nicht als Ausstellungsstück, sondern als echtes Zuhause. Hausboot wohnen in seiner schönsten, maritimsten Form.
Ein verrosteter Anfang
Als Werner und seine damalige Freundin 1990 eigentlich nach einem Haus suchten, stolperten sie zufällig über eine kleine Zeitungsanzeige: „Wohnschiff zu verkaufen“. Beide hatten keine Ahnung von Schiffen – aber der Gedanke, auf dem Wasser zu leben, ließ sie nicht mehr los.
Vor Ort sah das Ganze allerdings weniger romantisch aus: Die alte Hamburger Fähre war längst außer Dienst, ausgeschlachtet und ohne Ruder, Steuer oder Motor. Ein rostiges Stahlgerippe – aber Werner sah darin mehr. Für 28.000 DM wechselte die „Stadersand“ den Besitzer. Mit Hilfe handwerklich begabter Freunde, unzähligen Arbeitsstunden und weitaus höheren Kosten als gedacht, machte er das alte Fährschiff in anderthalb Jahren bewohnbar.
Heute, über drei Jahrzehnte später, hat die „Stadersand“ einiges erlebt: mehrere Umzüge, Umbauten, Stürme und Fluten. Nun liegt sie ruhig in ihrer Pontonanlage im Harburger Hafenbecken, geschützt hinter einer Schleuse. Ebbe und Flut können kommen – Werners schwimmendes Zuhause bleibt gelassen.
Der Harburger Hafen – ein Paradies für Hausbootbewohner
Wer Hausboot wohnen in Hamburg sucht, landet früher oder später in Harburg. Der Hafen gilt unter Kennern als Geheimtipp: keine Industrie, keine Kreuzfahrtschiffe, dafür Ruhe, Weite und genug Platz, um mit dem Kanu loszupaddeln oder sogar zu schwimmen.
An Werners Pontonanlage liegen inzwischen drei weitere Wohnschiffe – alle mit eigenem Charakter, alle selbst ausgebaut. Werner nennt seine kleine Nachbarschaft liebevoll den „anarchistischen Kleingartenverein“. Man kennt sich, man hilft sich, man grillt zusammen – und ansonsten lässt man sich in Ruhe. Genau die Art von Nachbarschaft, die man sich wünscht, wenn man auf dem Wasser lebt.
Technik, Tüftelei und der Alltag auf dem Wasser
Natürlich ist Hausboot wohnen kein Selbstläufer. Strom, Wasser, Energie – alles will gut geplant sein. Damit keine Schadstoffe in die Elbe gelangen, ließ Werner den kompletten Rumpf der „Stadersand“ dicht schweißen und einen Toilettentank einbauen. Strom kommt über eine spezielle Landstromanlage mit Flutsicherung, und das ganze Schiff ist sorgfältig isoliert, damit sich der Stahl im Sommer nicht aufheizt oder im Winter auskühlt.
Heute kann Werner mit Stolz sagen: Seine Fähre ist nicht nur bewohnbar, sondern gemütlich. Ein bisschen wie ein stählernes Zelt, wie er selbst sagt – man spürt jedes Wetter, jede Brise, jedes Gewitter. Nichts ist statisch, alles ist in Bewegung.
Vom Reporter zum Musiker auf dem Wasser
Dass Werner handwerklich begabt ist, war nicht immer so. Eigentlich ist er Journalist – viele Jahre war er als Polizeireporter beim NDR unterwegs, immer an vorderster Front, wenn irgendwo etwas brannte oder beim G20-Gipfel die Lage eskalierte. Doch der Job zehrte an den Nerven. Irgendwann zog er den Stecker, suchte Ruhe – und fand sie auf dem Wasser.
Heute betreibt er eine alte Veranstaltungshalle im Harburger Hafen, wo er Konzerte, Lesungen und Theateraufführungen organisiert. Gemeinsam mit seiner Partnerin genießt er das Leben auf der „Stadersand“ – weit weg vom Großstadtstress, aber mitten im echten Hamburg.
Leben im Fluss
Werner beschreibt das Leben auf seiner Fähre als „Leben im Fluss“. Es ist rauer, ehrlicher, unmittelbarer als an Land. Jeder Sturm ist spürbar, jeder Sonnenstrahl ein kleines Fest.
Und weil Werner nicht nur Reporter, sondern auch Künstler ist, fließt das alles in seine Arbeit ein. Er schreibt Lieder, fotografiert und findet auf seinem Hausboot ständig neue Inspiration. Viele seiner Songs sind direkt an Bord entstanden – mit Blick auf das Hafenbecken, das er liebevoll „meinen kleinen Ozean“ nennt.
Auf einem Hausboot wohnen – das ist für Werner nicht nur ein alternativer Lebensstil, sondern eine Lebenseinstellung. Ein bisschen verrückt, ein bisschen romantisch, ganz sicher nicht bequem – aber absolut frei. Und wenn man ihm so zuhört, möchte man fast selbst sofort die Zeitung aufschlagen, in der Hoffnung, irgendwo steht wieder: „Wohnschiff zu verkaufen“.










Jeder wie er will
Mir würde es zu klein sein
Würde sofort tauschen.
echt toll könnte ich mir auch vorstellen auf einen Boot zu wohnen
Würde ich nehmen