Wenn man heute den Namen Jane Austen hört, denkt man automatisch an kichernde Damen in Empirekleidern, adlige Schnösel mit geheimnisvollen Blicken und sehr viele Spaziergänge durchs Grüne. Doch hinter den Kulissen dieser literarischen Teepartys verbarg sich eine Autorin, die messerscharf beobachtete, pointiert schrieb – und ihrer Zeit mindestens drei Schritte voraus war.
Vom Dorfkind zur Kultautorin
Jane Austen wurde am 16. Dezember 1775 im beschaulichen Steventon, Hampshire, geboren – eine Gegend, in der mehr Schafe als Menschen lebten, was aber auch bedeutete: viel Zeit zum Lesen und Schreiben. Sie war das siebte von acht Kindern des Pfarrers George Austen und seiner Frau Cassandra – einer gebildeten, schlagfertigen Frau, von der Jane wohl ihren Sinn für Humor geerbt hat.
Schon früh begann Jane zu schreiben. Ihre ersten Werke verfasste sie im Teenageralter, darunter kurze, absurde Geschichten mit sprechenden Tieren, trinkfreudigen Heldinnen und jeder Menge Satire. Man kann sagen: Wenn es das 18. Jahrhundert erlaubt hätte, hätte sie vermutlich einen ziemlich erfolgreichen Twitter-Account gehabt.
Liebe? Ja. Ehe? Nein, danke.
Was Jane Austens Werke so besonders macht, ist nicht nur ihre Ironie, sondern auch ihre Darstellung der Ehe – damals für Frauen oft die einzige Möglichkeit, sich gesellschaftlich abzusichern. Jane selbst beobachtete das mit spitzer Feder und einem gesunden Maß an Skepsis.
Zwar war sie einmal kurz verlobt (eine Nacht lang!), doch sie löste die Verlobung am nächsten Morgen wieder auf. Sie entschied sich gegen die Sicherheit einer Ehe und für das Schreiben – ein mutiger Schritt, der für eine Frau ihrer Zeit keineswegs selbstverständlich war. Ihre Heldinnen wie Elizabeth Bennet oder Emma Woodhouse folgen demselben Prinzip: lieber Herz und Verstand als Geld und Stand.
Bücher mit Biss – und Bestsellerpotenzial
Zwischen 1811 und 1817 veröffentlichte Austen sechs Romane – anonym, versteht sich, denn der Buchmarkt war für Männer gedacht. Auf den Titelblättern stand schlicht: „By a Lady“. Doch das hinderte ihre Geschichten nicht daran, ein Erfolg zu werden.
Ihre bekanntesten Werke sind:
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„Stolz und Vorurteil“ (Pride and Prejudice) – veröffentlicht 1813, vermutlich der literarischste Schlagabtausch zwischen zwei sturen Menschen überhaupt.
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„Verstand und Gefühl“ (Sense and Sensibility) – eine Studie über zwei Schwestern, zwei Temperamente und ein paar sehr zwielichtige Verehrer.
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„Emma“ – über eine selbsternannte Kupplerin, die fast alles falsch macht und am Ende doch irgendwie recht behält.
Jane Austens Romane sind keine romantischen Seifenblasen – sie sind präzise Beobachtungen der sozialen Verhältnisse, elegant verpackt in Dialoge, die heute noch scharf wie frischer Senf wirken.

Krankheit, Tod – und verspäteter Ruhm
Jane Austen starb am 18. Juli 1817 mit nur 41 Jahren, wahrscheinlich an der Addison-Krankheit oder einer ähnlichen chronischen Erkrankung. Ihr Grab findet sich in der Kathedrale von Winchester – ein bescheidener Ort für eine Frau, die Weltliteratur geschaffen hat.
Erst nach ihrem Tod wurde ihr Name mit den Werken verbunden, und es sollte noch Jahrzehnte dauern, bis die literarische Welt sie vollumfänglich als Meisterin anerkannte. Heute gehört sie zu den meistgelesenen Autorinnen weltweit, ihre Bücher werden verfilmt, parodiert und sogar mit Zombies kombiniert – man könnte sagen, sie hat den Sprung in die Popkultur mit Bravour geschafft.

Jane Austen war mehr als nur eine Autorin romantischer Geschichten. Sie war eine stille Rebellin mit Füllfederhalter, eine scharfsinnige Beobachterin und eine Frau, die es wagte, das Leben zu hinterfragen, das man ihr vorsetzen wollte. Und obwohl sie in einer Welt lebte, in der Frauen oft nur die zweite Geige spielten, hat sie sich ihre eigene Bühne gebaut – mit Worten, Witz und jeder Menge Stil.
Wer also denkt, Austen-Romane seien bloß Zuckerguss mit Samthandschuhen, sollte mal genauer lesen. Da steckt mehr Pfeffer drin, als man denkt.