Zweiter Weltkrieg im Paradies – Soldatenalltag im Pazifik

Es gibt Fundstücke, die einen innehalten lassen – besonders wenn sie aus dem Archiv von LIFE stammen, farbig, selten, und mit einem Hauch Melancholie. Diese Aufnahmen, 1944 vom Fotojournalisten J. R. Eyerman eingefangen, zeigen das tägliche Leben amerikanischer Soldaten auf dem Tarawa-Atoll – Teil der Gilbertinseln im Pazifik – ein Jahr vor Ende des Zweiten Weltkriegs. Was wir sehen, ist eine Insel zwischen Palmen, Kriegsgerät und einer merkwürdigen Art von Ruhe nach dem Sturm. Oder besser gesagt: nach der Schlacht.

Zweiter Weltkrieg in der Südsee Tarawa Atoll
Zweiter Weltkrieg in der Südsee Tarawa Atoll

Denn Tarawa war nicht einfach irgendeine tropische Postkartenidylle mit Militäranschluss. In nur 76 Stunden verwandelte sich das Eiland in ein Massengrab. Über 6.400 Menschen – Amerikaner, Japaner und zwangsrekrutierte Koreaner – starben bei der berüchtigten Schlacht im November 1943. Die amerikanische Presse nannte es danach schlicht „die blutigen Strände von Tarawa“. Eine Schlagzeile, die so gar nicht nach Kokosnüssen klang.

Und doch: Ein Jahr später scheint die Insel eine andere Sprache zu sprechen.

Zweiter Weltkrieg in der Südsee Tarawa Atoll

Zweiter Weltkrieg in der Südsee Tarawa Atoll

Zweiter Weltkrieg in der Südsee Tarawa Atoll

Wir sehen ein fast friedliches Tarawa. Amerikanische Soldaten posieren mit Sonnenbrand und halb geöffneten Uniformhemden, während Einheimische in traditioneller Kleidung auftreten. Frauen werden als Krankenschwestern ausgebildet, vermutlich unter dem wohlwollenden Blick von Offizieren mit Cola in der Hand. Es gibt eine Bar für Offiziere, eine Bibliothek im umfunktionierten Blechcontainer (Quonset-Hütte für die Experten), ein kleines Fotolabor im Tiki-Hut-Stil und sogar tropische Duschen unter freiem Himmel – Hygiene mit Aussicht.

Zweiter Weltkrieg in der Südsee Tarawa Atoll

Zweiter Weltkrieg in der Südsee Tarawa Atoll

Zweiter Weltkrieg in der Südsee Tarawa Atoll
Zweiter Weltkrieg in der Südsee Tarawa Atoll

Ein Grillabend am Strand erinnert eher an Sommercamp als an Kriegsgebiet. Und irgendwo steht jemand Wache, mit Helm und Gewehr, während im Hintergrund vielleicht gerade jemand einen Roman von Steinbeck liest – oder zumindest so tut.

Zweiter Weltkrieg in der Südsee Tarawa Atoll
Zweiter Weltkrieg im Pazifik

Zweiter Weltkrieg in der Südsee Tarawa Atoll

US Basis im Pazifik
Zweiter Weltkrieg im Pazifik  Tarawa Atoll – US Basis im Pazifik

Doch der Frieden ist brüchig. Je weiter man sich durch die Palmen nähert, desto klarer treten die Spuren der Vergangenheit hervor. Es sind nicht nur die zerstörten Bunker oder die von Einschusslöchern gezeichneten Gebäude – es sind die Gesichter. Die der Soldaten, der Überlebenden, der Einheimischen. Gesichter, die mehr gesehen haben, als ein Mensch sehen sollte, ganz gleich ob in Uniform oder Bastrock.

Nach dem Krieg schrieb General Holland Smith, der die Angriffe auf die Gilbertinseln leitete und als Vater der modernen amphibischen Kriegsführung gilt, in seiner Biografie:

„War Tarawa es wert? Meine Antwort ist eindeutig: Nein.“

Zweiter Weltkrieg im Pazifik – Ein bitteres Urteil

Ein bitteres Urteil – nicht etwa aus heutiger Sicht, sondern von einem Mann, der mittendrin war. Er sprach von einem Fehler der obersten Militärführung, einem Drama voller Versäumnisse – und von unnötigen Opfern.

Heute erinnern uns diese Bilder nicht nur an die absurde Nähe von Schönheit und Zerstörung, sondern auch daran, dass kein Paradies kriegssicher ist. Und dass ein Strand mit Sonnenschirm noch lange kein Ort des Friedens ist – manchmal ist er eben auch ein Stück Geschichte, das unter der Oberfläche brodelt. Zwischen Palmen, Patronenhülsen und der einen oder anderen improvisierten Cocktailbar.