Wer sagt, dass in der Antarktis nichts los ist? Neben Pinguinen, eisigem Wind und sehr viel Weiß findet sich dort ein besonders hartnäckiger Überbleibsel aus den 1970er-Jahren: ein Flugzeug in der Antarktis, das seit Jahrzehnten im Schnee steckt – und keinerlei Anzeichen macht, sich wieder zu erheben.
Am 8. Oktober 1970 musste eine Lockheed Constellation mit dem vielversprechenden Namen Pegasus notlanden. Ziel war nicht etwa ein exotischer Urlaubsort, sondern die ewige Eiswüste selbst. Die Maschine geriet in einen Sturm, und was folgte, war eine Bruchlandung unter Bedingungen, die man selbst einem Flugzeug nicht wünscht. Glücklicherweise gab es keine Verletzten – das einzige Opfer war die Würde des einst so majestätisch benannten Fliegers.

Noel Gillespie, ein Augenzeuge an Bord, erinnert sich an das letzte Kapitel der Pegasus in der Luftfahrtgeschichte mit wenig Nostalgie und viel technischer Dramatik. In seinen Worten verlor die Maschine erst einen Propeller, dann den Motor, dann noch einen Propeller, dann noch einen Motor – und schließlich die gesamte rechte Tragfläche. Alles in Sekunden. Wie ein Puzzle, das sich selbst zerlegt. Es folgte eine unheimliche Stille im Cockpit. Vielleicht, weil alle dachten, das sei jetzt wirklich kein Moment für Smalltalk.
Trotz der Nähe zur Parkzone – angeblich nur eine halbe Meile entfernt – dauerte es über drei Stunden, bis das Wrack gefunden wurde. Die Antarktis ist eben nicht der Ort, an dem man einfach kurz rüberläuft und nachsieht, ob alles in Ordnung ist.
Heute liegt die Pegasus immer noch genau dort, wo sie 1970 spektakulär zum Stillstand kam – mittlerweile halb im Schnee versunken, aber erstaunlich gut konserviert. Die Natur hat ihr einen Eissarg gebaut, der so zuverlässig ist wie ein Schweizer Tresor. Besucher mit Expeditionsdrang – und gelegentlich auch mit Edding – machen die Pegasus zum Kultziel. Wer es bis dahin schafft, verewigt sich gern am Blech, ganz nach dem Motto: Ich war hier, und das Flugzeug auch.
Ein Flugplatz wurde ihr zu Ehren benannt: Pegasus Field. Auch die Landebahn trägt ihren Namen – Pegasus White Ice Runway klingt immerhin ein bisschen glamouröser als „Wo die alte Kiste runterkam“.

2011 besuchte Chef Bill Morris die eisige Ruhestätte und berichtete in seinem Blog „You’re Going Where?“ mit der angemessenen Mischung aus Faszination und Frostbeulen. Je nach Jahreszeit zeigt die Pegasus mal mehr, mal weniger von sich. Wie eine Diva im Schneekleid entscheidet sie selbst, wann sie sich zeigt – oder lieber weiter ein Nickerchen unter der Schneedecke hält.
So liegt sie nun da: majestätisch, unbewegt, ein gefrorenes Monument des Scheiterns mit Stil. Und das vermutlich noch für viele Jahrzehnte. Wer braucht schon ein Museum, wenn man die Antarktis hat?